Lange Nacht der Philosophie
„Du musst dein Leben ändern!“?
„Die Weltbeziehung zu ändern, ist die tiefste Revolution überhaupt.“ (Hartmut Rosa)
Die 4. Leipziger Lange Nacht der Philosophie findet in diesem Jahr wieder im Budde-Haus statt - mit philosophischen Impulsen, künstlerischen Interventionen und choreografierten Gesprächen - und einem Eröffnungsimpuls von Hartmut Rosa!
Die Gesellschaft steht angesichts der globalen Probleme – nicht zuletzt wegen des Klimawandels und den sozialen und ökologischen Krisen – vor Herausforderungen ungekannten Ausmaßes. Radikale gesellschaftliche Transformation ist das Gebot der Stunde. Philosoph*innen und Sozialwissenschaftler*innen analysieren die Dimensionen dieses Transformationsbedarfes. Die Probleme reichen weit darüber hinaus, als dass sie durch bloße technische oder sozialtechnologische Innovationen gelöst werden könnten. Der Jenaer Soziologe Hartmut Rosa etwa diagnostiziert, dass wir einen radikalen Wandel unserer Weltbeziehungen brauchen – weg vom dominant technisch-instrumentellen Umgang mit der Natur, unseren Mitmenschen und uns selbst. Diese „tiefste Revolution überhaupt“ muss in allen gesellschaftlichen Feldern (nicht zuletzt dem der Bildung) und auf allen gesellschaftlichen Ebenen angegangen werden – aber sie scheint zugleich auch eine Aufgabe, die sich – unter dem Stichwort „Selbsttransformation“ – immer auch an den einzelnen richtet.
Die Lange Nacht der Philosophie 2023 stellt sich der Frage nach der „Selbsttransformation“ und ihren ambivalenten Aspekten vor dem Hintergrund unterschiedlichster gesellschaftlicher Imperative und fragt kritisch nach, welche Art von Selbsttransformation es tatsächlich braucht. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines inzwischen weiten Feldes von Selbsttransformations-Praktiken, die in unserer Gesellschaft inzwischen Verbreitung (und auch einen ökonomischen Markt) gefunden haben: Ob Achtsamkeit, Selbstfindung und Selbstmanagement oder Resilienztrainings – diverse Selbstpraktiken und verschiedenste Therapeutiken aller Art stehen seit längerer Zeit hoch im Kurs. Doch wozu dienen diese eigentlich? Zur besseren Selbstfürsorge, zur „Normalisierung“ und funktionalen Einpassung in die Erwerbsarbeit, zur Optimierung des Selbst? Welche Versprechen und Verheißungen stecken dahinter? Auf was fußen diese modernen „Subjektivierungspraktiken“ und wozu führen sie? Tragen sie wirklich (wie oft explizit versprochen) zu einem gelingenderen, ja zu einem glücklicheren Leben bei oder stabilisieren sie verdeckt und unbemerkt eher etwas, was vielleicht bei einem genaueren Blick gar nicht so wünschenswert ist? Wie lässt sich unterscheiden, welche Selbsttransformationspraktiken gut und welche für die Individuen letztlich eher ungünstig sind, welche zum Beispiel ein weniger instrumentelles Weltverhältnis und wirkliche innere Freiheit fördern und welche dies nur suggerieren? Worauf kommt es eigentlich an? Und welche Vorstellung von „innerer Freiheit“ und „gelingenden Lebens“ muss hier von uns allen ausgearbeitet werden – jenseits der Freiheit grenzenlosen Konsumierens, wie es der Kapitalismus propagiert.
Die Lange Nacht der Philosophie lädt deshalb unter dem Titel „Du musst dein Leben ändern!“? im Leipziger Budde-Haus zum gemeinsamen kontroversen Nachdenken darüber ein, ob und welche Revolution unserer Weltbeziehungen und welche Arten von Selbsttransformation möglich und nötig ist. Dazu bietet der Abend in den verschiedenen Räumen des Hauses sowohl philosophische und soziologische Impulsbeiträge als auch künstlerische Interventionen und Selbsttransformations-Experimente. Wie gewohnt kreieren die Akteur*innen des Transformatorenwerkes Leipzig in den verschiedenen Räumen des Hauses unterschiedliche dialogische Gesprächssettings, in denen die Besucher*innen ihr eigenes Wissen und ihre eigenen Erfahrungen mit Selbsttransformationspraktiken in den gemeinsame Denkraum „einspielen“ und miteinander und den Akteur*innen des Abends ins Gespräch kommen können.
Nähere Infos zum Programm und zu den Tickets gibt es auf der Eventseite.
Die Leipziger Lange Nacht der Philosophie findet seit 2019 im November im zeitlichen Umfeld des UNESCO-Welttages der Philosophie statt: 2019 im Budde-Haus, 2020 virtuell per Videokonferenz zum Oberthema "Transformation", 2021 wieder in Präsenz im Budde-Haus zum Thema "Lebenskunst" mit Impulsvortrag von Wilhelm Schmid. Seither findet die Lange Nacht der Philosophie im jährlichen Wechsel mit dem Festival "Leipzig denkt" in den ungeraden Jahren statt.
Veranstalter der Leipziger Langen Nacht der Philosophie ist der Verein Transformatorenwerk Leipzig e.V. in Kooperation mit dem Verein Expedition Philosophie e.V. und der IGPP – Internationale Gesellschaft für Philosophische Praxis.